Norwegen | Lyngen

NORWEGEN | Lyngen
                                                  6 9 °  N o r d

Lyngen
Ankunft im Norden

Es dämmert schon leicht, als wir an diesem wolkenverhangenen Nachmittag im März in Tromsø landen. Wir müssen zu Fuss über die schnee- und eisbedeckte Rollbahn zum Flughafengebäude laufen, anscheinend sind die wenigen Gates im Moment alle besetzt. Überhaupt ist der Lufthavn Tromsø eine überfüllte Miniaturausgabe eines internationalen Flughafens.
Es gibt Probleme mit dem Mietfahrzeug, auch der dritte (gleiche) Skiträger passt nicht, was der Mitarbeiter mit stoischer Hilflosigkeit quittiert. Wir packen also alles ins Auto, quetschen uns dazu, enger als Tetris. In der Stadt treffen wir uns mit Kathrin, Armin und Stephan, die etwas später angekommen sind. Bei einem Grosseinkauf versorgen wir uns mit dem Nötigsten und ein bisschen mehr, auf Lyngen sind die Einkaufsmöglichkeiten zwar vorhanden, aber begrenzt und vor allem ganz schön weit von unserer Unterkunft entfernt.



Mittlerweile schneit es kräftig und die Strasse ist weiss. Trotzdem und dank der Spikes an den Reifen gelangen wir gut zur Fähre, die uns nach Svensby, Nord-Lyngen übersetzt.

Unterwegs auf Nordlyngen
Tieflblick nach Koppangen
Fjorde Fjorde Fjorde


Svensby
Wohnen wie bei Ikea

Egal wo man in unserem Ferienhaus in Svensby hinschaut, man fühlt sich immer an Ikea erinnert: Der Holzboden, die grosse Fensterfront auf den Ullsfjorden hinaus, die dunklen Holzwände, der angenehm flackernde Kamin in der grossen Wohnküche. Fehlen eigentlich nur noch die Köttbullar, aber wir sind ja nicht Schweden, sondern hoch im norwegischen Norden. Neben dem Haus steht die Sauna und es sind nur gut zehn Meter zum Strand. Die Landschaft um das Haus ist tief verschneit, nur am Strand hat sich das Meer mit dem Wechsel von Ebbe und Flut einen schmalen Streifen an Schnee geholt. Nach jeder Tour sitzen wir gemütlich am Küchentisch und schlürfen heisse Schockolade, während draussen der Wind Schneefahnen um das Haus weht und die Temparaturen konstant unter null Grad liegen.

Meerblick inklusive
Fachsimpeln im Supermarkt - was braucht man, um sieben Skitourengeher eine Woche durchzufüttern


Jagdfieber
Elche und Rentiere

Wir müssen die Einfahrt räumen, um mit den Autos zur Strasse zu kommen. Der erste Tag in Lyngen und das Wetter ist gar nicht so schlecht. Noch. Wir fahren nach Norden. Bereits nach wenigen Kilometern quert der erste Elch die Strasse, kurz darauf noch ein Jungtier. Es wird nicht die letzte Begegnung mit Elchen und Rentieren sein. Über Nacht kommen die Tiere zum Wasser, während sie am Morgen ins Inland ziehen und daher zwangsläufig die Strasse überqueren. Auch vor unserer Hütte sehen wir einmal ein Rentier. Die Unterscheidung ist für uns übrigens einfach: Rentiere, das sind die die fliegen können. Christian, seines Zeichens ausgebildeter Jäger, klärt uns auf und versucht uns Laien die wirklichen Unterschiede beizubringen. Mit mässigem Erfolg. Jedenfalls liegt jetzt ein Rentier in Form einer Salami im Kühlschrank und in Form eines Fells auf dem Boden.



Nordlichter
huschende Schleier am Himmel

Viele reisen nur deswegen nach Tromsø, um einmal im Leben Nordlichter zu sehen. Für uns ist es Beilage. Eine ziemlich beeindruckende Beilage. Gleich zweimal treffen die richtige Sonnenaktivität und brauchbares Wetter zusammen, sodass wir von unserem Balkon das Schauspiel bewundern können. Die Farben sind in Wirklichkeit immer etwas blasser als auf den Fotos, aber das macht nichts. Die Kälte ist schnell vergessen, immer neue Lichter tauchen auf, huschen über den Himmel, sind mal vor uns, dann wieder hinter uns, bis sie schliesslich langsam nachlassen und irgendwann ganz verschwinden.



big fish
Vom Meer auf den Teller

Norwegen ist nicht nur ein Traumziel für Skitourengeher, sondern auch für Fischer. Schön, wenn also so manch einer seine beiden Hobbies in einem Urlaub synchronisieren kann. Wir hatten gleich zwei von dieser Sorte dabei und vor der Reise wurde daher natürlich viel vom „big fish“ gesprochen, den sie in Norwegen aus dem Wasser ziehen wollten. „Wir müssen uns nicht um das Abendessen kümmern, weil ja genug Fisch in den Fjorden Nordnorwegens herumschwimmt und im Prinzip nur darauf wartet, auf unseren Tellern zu landen“.
Auch wenn nicht jeder Ausflug ein Erfolg und der Verbrauch an Ködern ganz schön gross war, hat es am Ende immerhin für drei sehr schmackhafte Abendessen mit im wahrsten Sinne des Wortes fangfrischem Fisch gereicht, die Hannes mit grosser Routine zubereitet hat.


Fangfrisch auf den Teller


big ski
hoch hinaus und tief hinunter

Zwar nicht das „Godmother of all Couloirs“ auf Südlyngen, dafür hat es nicht gereicht, aber immerhin konnten wir in der Nord-Westflanke des Storgalten etwas steilere Spuren in den griffigen Schnee legen. Der Schnee ist gut zu fahren. Zu Beginn springen wir in der noch engen Rinne vorsichtig um, dann folgt eine gut sechshundert Meter hohe, nicht allzusteile Flanke, die unsere Oberschenkel brennen lässt, bevor wir vom Lassofjellet scheinbar direkt ins Meer abschwingen. Die Bedingungen wechseln hier eben so schnell wie das Wetter und gerade für Ortsunkundige wie uns ist es sehr schwierig, die Schneeverhältnisse richtig einzuschätzen, daher üben wir uns in Zurückhaltung.

"Godmother of all Couloirs"
Ausblick nach Norden - dahinter kommt nur noch das Meer
Einfahrt in die Nordwestflanke des Storgalten
Der Schnee ist hart, aber griffig
Lassofjellet - man meint fast ins Meer zu fallen


Raues Meer
Unterwegs auf dem Fjord

Es soll der beste Tag der ganzen Woche werden. Ein wolkenloser Himmel begleitet uns auf unserer Fahrt nach Lyngseidet, dem Hauptort auf Lyngen. Wir haben noch etwas Zeit und wechseln ein paar Worte mit dem einzigen Pub-Betreiber auf Lyngen, der uns gerne am Abend in seinem Lokal sehen würde. Er zeigt uns auch das Boot von Mads, der uns heute nach Stupen bringen wird, einer Bucht die nur vom Meer aus zugänglich ist und Ausganspunkt unserer Skitour sein wird.
Mads gibt uns Wärmeanzüge ud Stifel, dazu noch eine Schwimmweste. Spätestens als wir das Boot mit unserer Ausrüstung beladen wissen wir warum. Siebenhundert PS werden uns nur kurz darauf über die Wellen des Lyngenfjord schieben, gefühlt sind wir mehr in der Luft als auf dem Wasser. Erstaunlicherweise ist die Kälte trotz des Gegenwinds gut auszuhalten. Mads ist ein bisschen in Eile, weil er danach noch ein holländisches Filmteam für eine Survival-Serie übersetzten muss, er lässt uns dies wie übrigens alle Norweger nicht spüren. Stress scheint hier oben ein Fremdwort zu sein.
Bald erreichen wir die Bucht, entladen das Boot und fellen auf. Es ist eine beliebte Tour, dementsprechend sind wir nicht alleine und bevor wir losgehen, läuft schon das nächste Bot ein. Eine Gruppe Schweizer, die wir aber unterwegs bald wieder hinter uns lassen. Zwei andere Gruppen sind noch nicht gelandet, als wir losgehen und das Gelände ist so weitläufig, dass man sich höchstens einmal am Gipfel wiedertrifft.

Der Hafen von Lyngseidet
Ankunft in Strupen
Der natürliche Hafen von Koppangen


Die Touren


Stetinden (920m)
Einstieg ins Skitourenparadies

Rørnestinden (1041m)
Hoch über Lyngseidet

Russelvfjellet (794m)
Hoch im Norden

Storgalten (1219m)
Weite Flanken über dem Meer

Tafeltinden (1395m)
Wasser und Schnee

Rundfjellet (768m)
Auch bei schlechtem Wetter raus







Tromsø
Hauptstadt des Nordens

Vor dem Rückflug haben wir noch etwas Zeit, die wir in Tromsø verbringen. Über Nacht gab es wieder Neuschnee, der sich wie ein Leintuch über die Stadt gelegt hat. Wir fahren an der markanten Katedrale vorbei über den Fjord in das schmucke Stadtzentrum, das sich um den Hafen drückt. Eine kurze Runde zu Fuss durch den Hafen, dann geht es weiter zum Flughafen.


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